Bildteil: 106 Seiten
Kommentar: Anton v. Euw und Werner Vogler, ca. 80 Seiten, 13,2 x 19,5 cm
ISBN 978-3-201-01901-9
Mit dem »Goldenen Buch« der rätischen Benediktinerabtei Pfäfers verwahrt das Stiftsarchiv St. Gallen ein in mehrfacher Hinsicht äußerst bemerkenswertes Dokument der mittelalterlichen Kunst- und Kulturgeschichte. In seiner vorliegenden Form verbindet der Codex drei unterschiedliche Teile:
Teil 1 enthält ein Evangelistar, dessen aufwendiger Buchschmuck formal und stilistisch ganz in der Tradition der berühmten Schule des Reichenauer Klosters steht. Vier ganzseitige, wie Tafelbilder gerahmte, mit kostbarem marmoriertem Purpurgrund hinterlegte Darstellungen der Evangelisten markieren den Beginn der einzelnen Evangelien. Die insgesamt 31 ausgewählten Lesungen aus diesen Evangelientexten werden von sorgfältig ausgeführten, von vegetabilen Ranken überwucherten, goldenen Initialen eingeleitet.
Teil 2 birgt eine Liste der Äbte von Pfäfers, Besitzaufzeichnungen und Rechtstexte. Die durchgehend kolorierten Federzeichnungen lassen deutliche Merkmale des Internationalen Weichen Stils erkennen und datieren diesen Abschnitt in die Zeit um 1400.
Der um 1450 verfasste 3. Teil schließlich bringt die deutsche Übersetzung der im Evangelistarteil nachgetragenen lateinischen Offnungen und Rechtstexte.
Das Nebeneinander zweier unterschiedlicher Stilepochen – des ottonisch-salischen und des Internationalen Weichen Stils –, die selten vorkommende Abfolge der Evangelientexte (Johannes, Lukas, Markus und Matthäus) und die aufschlussreichen Eintragungen zur Organisation und Verwaltung sowie über Besitz- und Rechtsverhältnisse der Abtei Pfäfers stellen die Besonderheiten des Liber Aureus dar. Vor allem aber gewährt der Codex mit seiner außergewöhnlichen Zusammenstellung einen tiefen Einblick in die geistigen und materiellen Lebensgrundlagen der Mönche in einem mittelalterlichen Kloster.
Zur Faksimile-Edition