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Der Liber Precum

Köln, zwischen 1480 und 1490
Bibliografische Angaben
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Mit der Faksimile-Ausgabe des St. Petersburger „Liber precum“ tritt ein bisher kaum bekanntes Meisterwerk der spätmittelalterlichen Buchmalerei ins Blickfeld von Sammlern und Wissenschaftlern. Der zwischen 1480 und 1490 in Köln, einer der bedeutendsten Malschulen der Epoche, entstandene, im Format kleine Codex weist einige Besonderheiten auf, die ihm eine unverwechselbare Bedeutung verleihen. Außergewöhnlich ist bereits die Auswahl der Texte, zu der bisher kaum Parallelen gefunden wurden. Die größte Überraschung bietet jedoch der Bilderzyklus zum Leben und Leiden Jesu, der hinsichtlich seiner Form, seiner Funktion, seiner Thematik und der Anzahl seiner Miniaturen einen Höhepunkt der Buchkunst des 15. Jahrhunderts darstellt.

 

41 ganzseitige Miniaturen auf 99 Folios – eine einzigartige Bilderfolge zur Vita Christi

Das hervorstechendeste Merkmal des „Liber precum“ ist der wegen seines Umfanges, seiner Erzähldichte und seiner Bildqualität beispiellose Bilderzyklus. Insgesamt 41 ganzseitige Miniaturen illustrieren die Gebete im ersten Teil der Handschrift, der für die Faksimilierung ausgewählt wurde. Jeweils auf der linken Seite sind die Bilder angeordnet, sie stehen somit direkt neben dem dazugehörigen Text. Der inhaltlichen Bedeutung der Handschrift als Andachtsbuch entspricht der Grundtenor der Miniaturen, deren Hauptakzent auf der Vermittlung unterschiedlicher Emotionen liegt. Dynamische Figuren, die durch eine überaus beredte Gestik, Mimik und eine innere Spannung miteinander verbunden sind, atmosphärische Landschaften und eine subtile Farbgebung – das sind die bildbestimmenden Elemente, die den besonderen Reiz der Bilder ausmachen und den Illuminator als Meister seines Faches ausweisen. Der Künstler gehörte zu den führenden Protagonisten der Kölner Malerschule, als deren größter Meister Stephan Lochner gilt. Die wichtigste Errungenschaft des Kölner Malstils – die Mischung aus der Zartheit des Weichen Stils und einer neuen, realistischen Sehweise – bestimmte nicht nur die große Form des Tafelbildes, sondern fand auch Eingang in die Buchmalerei, wo sie vor allem in den ganzseitigen Miniaturen zum Ausdruck kommt. Dass hier ein außergewöhnlicher Künstler am Werk war, zeigt die Ausführung der ganzseitigen Bilder – so hat der „Meister des St. Petersburger Liber precum“ ein Spitzenwerk spätmittelalterlicher Buchmalerei geschaffen.
 

Ein Zeugnis der spätmittelalterlichen Frömmigkeit

Im Gegensatz zu den heute weitaus bekannteren Stundenbüchern, die sich an den in Klöstern praktizierten Stundengebeten orientieren, enthalten Gebetbücher wie der „Liber precum“ bibelfremde Texte. Gebetbücher dienen der privaten Andacht, in ihnen finden sich Gebete zu Leben und Leiden Jesu, die der Chronologie der Evangelien folgen. So steht am Beginn des Buches die Verkündigung Mariens, es endet mit dem Jüngsten Gericht. Anhand dieser in den Miniaturen wiedergegebenen Ereignisse richten sich 87 der Gebete direkt an Jesus, vier an Maria und je eines an die Dreifaltigkeit sowie die Heiligen Drei Könige. Tugenden und Verhaltensweisen der Genannten werden beschrieben, verbunden mit der Bitte um Unterstützung, es diesen Vorbildern gleich zu tun. Damit steht dieses Werk ganz im Bestreben der „devotio moderna“, dieser wichtigen spirituellen Strömung, deren Anfänge im 14. Jahrhundert zu suchen sind. Der „Liber precum“ entstand in der Hochblüte dieser religiösen Haltung und ist eines der wenigen zu dieser Zeit noch auf Pergament handgeschriebenen Gebetbücher – der Buchdruck hatte die Codices als Medium bereits überholt.
 

Ein deutsches Gebetbuch im Besitz einer deutschen Prinzessin am russischen Kaiserhof

Es ist eine Fügung des Schicksals, dass der „Liber precum“ bis zum Jahre 1929 in der Sommerresidenz der Kaiserin Maria Fjodorowna in Pawlowsk aufbewahrt wurde. Sophie Dorothée von Würtemberg hatte 1776 den russischen Großfürsten und späteren Zaren Paul I. geheiratet und sich durch ihre karitativen Tätigkeiten, aber auch als Kunstmäzenin große Beliebtheit im Volk erworben. Aus dem Besitz ihrer Erben gelangte das Gebetbuch schließlich in die Russische Nationalbibliothek, in das nur 30 km von Schloss Pawlowsk entfernte St. Petersburg.