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Bücher zum Wünschen und Schenken

Der Codex Choumach

Venedig, 16. Jh.
Bibliografische Angaben
Auf Anfrage

Der Bilderpentateuch von Moses dal Castellazzo ist eine jüdische Bilderbibel, in der die Erzählungen der ersten fünf Bücher Mose (= Pentateuch) bildlich dargestellt werden. Dabei handelt es sich nicht um eine illustrierte Bibel, in der der fortlaufende Bibeltext durch Bilder veranschaulicht wird, sondern er besteht vielmehr aus einer Reihe von Bildern, denen erklärende Legenden und überschriftartige Teile von Bibelversen beigegeben sind. Die einzigen bisher bekannten jüdischen Parallelen zu dieser Illustrationsmethode bilden die sephardischen Pessach-Haggadot.
Beim Warschauer Codex handelt es sich um eine einzigartige Kopie einer heute verlorenen Holzschnittfolge dieses Bilderpentateuchs von Moses dal Castellazzo. Irgendein Liebhaber, vermutlich kein Jude, sondern ein christlicher Humanist, hatte ihn in der Mitte des 16. Jh.s angefertigt. Die Bilder dieser kulturhistorisch hervorragenden Handschrift sind einfache Federzeichnungen, die nur teilweise in roten, braunen und grünen Farbtönen koloriert sind. Am Beginn dieser Bilderfolge steht die Erschaffung der Welt, darauf folgen die Erzählungen der fünf Bücher Mose, und am Ende steht schließlich der Tod des Mose.
Der Bilderpentateuch des Moses dal Castellazzo vereint verschiedene Bildtraditionen zu einem einheitlichen Ganzen und hat nicht nur bei den Zeitgenossen großes Interesse geweckt, sondern lässt auch heute noch wegen seiner Originalität aufhorchen und gilt als würdiges Denkmal einer ausklingenden Epoche.
 

Ein biblisches Bilderbuch

Beim Bilderpentateuch stehen nicht der Text, sondern die Bilder im Vordergrund, deren Bedeutung in wenigen Zeilen erklärt wird. Zudem sind die einzelnen biblischen Erzählungen nicht jeweils in einer einzigen Darstellung zusammengefasst, sondern zumeist durch eine Reihe von aufeinanderfolgenden Szenen mit denselben agierenden Personen in der Art einer Bilderchronik wiedergegeben. In hebräischer Tradition sind die Bilder von rechts nach links zu lesen.
Auf der Vorderseite jedes Blattes befinden sich zumeist je zwei voneinander getrennte Federzeichnungen, die in einen Rahmen gesetzt sind. Die Rückseiten der Blätter sind dagegen leer. Am oberen Rand stehen bei fast jedem Bild ein bis zwei Zeilen hebräischer Text. Es sind Teile von Bibelversen, die sich auf das unmittelbar darunter befindliche Bild beziehen.
Auf dem viel breiteren unteren Rand der Seiten findet sich eine meist mehrzeilige Legende in italienischer Sprache, die das jeweilige Bild darüber erklärt oder auch ergänzt. Sie nimmt in vielen Fällen, aber keineswegs immer, auf die auf dem Bild dargestellten Besonderheiten aus der rabbinischen Tradition Bezug. Die Sprache ist ein venezianischer Dialekt des 16. Jh.s, und auch die Buchstabenform weist in die Mitte des 16. Jh.s.
 

Moses dal Castellazzo

Moses dal Castellazzo war in jüdischen Kreisen als Maler allgemein bekannt und genoss großes Ansehen. Durch ein Schreiben, das er im Jahre 1521 an den „Rat der Zehn“ von Venedig richtete, ist uns bekannt, dass er Holzschnitte herstellte. In diesem Schreiben ersuchte er um die Gewährung des Privilegs, zehn Jahre für sich allein das Recht zu haben, eine Holzschnittfolge zu den fünf Büchern Mose zu drucken und zu verkaufen. Diesem Gesuch wurde denn auch stattgegeben.
Die Drucktechnik für den Holzschnitt war schon ein halbes Jahrhundert in Gebrauch, bevor Johannes Gutenberg 1452–1455 die lateinische Bibel druckte. Dieses Druckverfahren wandte Moses dal Castellazzo an, um die ersten fünf Bücher des Alten Testaments durch Bilder verständlich zu machen. Er schöpfte aus mannigfaltigen Quellen, indem er verschiedene Handschriften von Bilderbibeln sowie Holzschnittillustrationen in frühen venezianischen Drucken heranzog und mit zeitgenössischen Elementen, v. a. Kostümen, ergänzte.
Damit gelang es Moses dal Castellazzo, die jahrhundertealte Tradition der Bilderbibel in das neue Zeitalter des Buchdrucks hinüberzuretten und mit Hilfe der neuen Technik eine nicht gemalte, sondern gedruckte Bilderbibel zu schaffen. Wie groß das Interesse an dieser Holzschnittfolge war, zeigt nicht zuletzt die Existenz des Warschauer Codex, der eine Kopie dieses einmaligen Dokuments einer ausklingenden Epoche darstellt.
 

Der Kommentarband

Der ausführliche wissenschaftliche Kommentar wurde von den Experten in der jüdischen Buchkunst Ursula und Kurt Schubert verfasst. Darin werden sowohl der Codex selbst als auch sein Umfeld und seine Vorlagen eingehend beschrieben.