Der zwischen 1480 und 1490 in Köln, einer der bedeutendsten Malerschulen der Epoche, entstandene, im Format kleine Codex weist einige Besonderheiten auf, die ihm eine unverwechselbare Bedeutung verleihen. Außergewöhnlich ist bereits die Auswahl der Texte, zu der bisher kaum Parallelen gefunden wurde. Die größte Überraschung bietet jedoch der Bilderzyklus zum Leben und Leiden Jesu, der hinsichtlich seiner Form, seiner Funktion, seiner Thematik und der Anzahl seiner Miniaturen einen Höhepunkt der Buchkunst des 15. Jahrhunderts darstellt.
Das hervorstechendeste Merkmal des „Liber precum“ ist der wegen seines Umfanges, seiner Erzähldichte und seiner Bildqualität beispiellose Bilderzyklus. Insgesamt 41 ganzseitige Miniaturen illustrieren die Gebete im ersten Teil der Handschrift, der für die Faksimilierung ausgewählt wurde. Jeweils auf der linken Seite sind die Bilder angeordnet, sie stehen somit direkt neben dem dazugehörigen Text. Der inhaltlichen Bedeutung der Handschrift als Andachtsbuch entspricht der Grundtenor der Miniaturen, deren Hauptakzent auf der Vermittlung unterschiedlicher Emotionen liegt.
Beim Beutelbuch (auch Buchbeutel genannt) handelt es sich um eine Sonderform des mittelalterlichen Bucheinbandes, die seit dem 14. Jahrhundert gebräuchlich war. Dabei wurde über den Ledereinband ein zweiter Bezug – aus Leder oder einem textilen Material – gelegt, der über den Unterschnitt des Buches etwa um die eineinhalbfache Länge hinausragt. Daran konnte das Buch wie ein Beutel getragen oder auch am Gürtel befestigt werden.
Die gebrauchsbedingt kleinformatigen Bücher hatten meist einen religiösen Inhalt (Beviere, Gebet- und Liederbücher sowie Almanache) und wurden für die tägliche Arbeit, das tägliche Gebet, für Reisen oder auch als Statussymbol für des Lesens und Schreibens kundige Personen hergestellt.