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Die Exultet-Rolle

Benevent, 981-987
Bibliografische Angaben
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Die Exultet-Rolle fand in der lateinischen Liturgie zu Beginn der Osternachtfeier Verwendung, indem der Diakon im weißen Gewand daraus das „Exultet“ (benannt nach dem Textanfang: exultet iam angelica turba caelorum ..., „nun jauchze die himmlische Schar der Engel ...“) vorsang. Die vatikanische Handschrift stellt die älteste erhaltene Exultet-Rolle dar und stammt aus der süditalienischen Stadt Benevent, die im Frühmittelalter kulturell von großer Bedeutung war.
Auf der Exultet-Rolle sind sowohl der Text und die Melodie verzeichnet als auch ein Bilderzyklus dargestellt, der das Gesungene illustriert. Diese Bilder geben durch die Vielfalt der Stilformen ein glänzendes Zeugnis von der schöpferischen Kraft und der großen Tradition der beneventanischen Schulen. Die Künstler zeichnen sich durch hohes zeichnerisches Können und Geschick sowie durch einen phantasievollen Eklektizismus aus. Es wurden stilistische, dekorative und ikonographische Elemente zu einer Einheit zusammengefasst, die sowohl aus der Antike als auch aus dem Christentum stammen und von einheimischen sowie östlichen und auch westlichen Motiven entnommen wurden.
 

Die Rolle als „Urform“ des Buches

Wie uns viele Zeugnisse der Kunst und Literatur künden, war die Rolle als Buchform im gesamten Altertum in Gebrauch. Ab dem 4. Jh. trat schließlich der Codex – die heute noch gebräuchliche Buchform – seinen Siegeszug an und verdrängte langsam, aber sicher die Rolle. In der christlichen Literatur allerdings hatte der Codex von Anfang an eine bevorzugte Stellung eingenommen. Die Rolle war dagegen in Anlehnung an antike Vorbilder nur noch in den Darstellungen von Aposteln, Evangelisten, Propheten und Heiligen gegenwärtig.
In der Liturgie war die Rolle allerdings nicht vollkommen in Vergessenheit geraten, wie uns auch die Exultet-Rolle bezeugt. Möglicherweise liegt hier eine Beeinflussung von Byzanz vor. Denn in der griechisch-orientalischen Kirche gab es immer die Form der Rolle. Da Süditalien und besonders Benevent auf politischem und kulturellem Gebiet mit Byzanz in Verbindung standen, ist eine Anregung von dort ohne weiteres denkbar.
Diese Entwicklung blieb jedoch lokal auf den Bereich Benevents beschränkt, wo man sich der Vorteile der Rolle bewusst war. Denn indem diese für jederman sichtbar abgerollt wurde, konnten alle im Bild deutlich sehen, was in dichterisch gestaltetem Wort und künstlerisch geformter Melodie als Höhepunkt der Liturgie der Osternacht verkündet wurde.
 

Die künstlerische Ausstattung

Über den Zeilen des heiligen Textes ist die Melodie in Neumen notiert, nach denen der Diakon seinen Lobpreis sang. Die Bilder sind kunstvolle Federzeichnungen, die von einem Meister in bunten Farben und leuchtendem Gold koloriert wurden. Sie zeichnen sich durch Liebe zum Detail aus und sind durchgehend von dekorativen Rahmen umgeben. Zahlreiche Motive, wie Juwelen, Perlen, Flechtbänder, Palmetten, Rosetten und Arkaden, beleben phantasievoll das festliche Rahmensystem.
 

Ein Dokument der frühmittelalterlichen Osterzeremonie

Die Bilder veranschaulichen den gesungenen Text des Exultet, indem sie diesen getreu der symbolisch-metaphorischen frühchristlichen Tradition illustrieren. In manchen Bildern finden sich auch heidnische Kultvorstellungen in christlicher Umdeutung, wenn z. B. die Auferstehung des Herrn in der alljährlichen Osterfeier mit dem Wiederaufleben der Erde durch Sol, den heidnischen Sonnengott, in Verbindung gebracht wird. Die ganze Natur feiert Auferstehung mit ihrem Herrn, der im strahlenden Glanz einer riesigen Aureole als Licht der Welt, als Sonne der Auferstehung und des Heils dargestellt wird.
Einige Bilder vermitteln uns auch einen lebendigen Eindruck des liturgischen Vorgangs, indem sie diesen detailgetreu wiedergeben. Somit ist die Exultet-Rolle nicht zuletzt wegen des dokumentarischen Wertes ihrer Bilder für die Liturgie- sowie Dogmengeschichte von größter Bedeutung.
 

Der Kommentarband

Ein ausführlicher wissenschaftlicher Kommentarband begleitet die Faksimile-Ausgabe. Herbert Douteil beschreibt darin den kodikologischen Befund der Handschrift und stellt sie in den literaturgeschichtlichen Kontext. Felix Vongrey beschreibt und erläutert ausführlich die Bilder, wobei er sie in ihrem ikonographischen und kunsthistorischen Zusammenhang betrachtet. Eine ausführliche Bibliographie sowie zahlreiche Vergleichsabbildungen ergänzen den Kommentarband und machen ihn so zu einem wertvollen Begleiter der Handschrift.