(Glanzlichter der Buchkunst, Band 24)
Seit dem 6. Jh. gewann der Psalter als Grundlage des mönchischen Chorgebetes immer größere Bedeutung. Eine der schönsten Handschriften dieser Zeit und wohl der ungewöhnlichste Psalter des Mittelalters ist der Utrecht-Psalter. Er wurde im Auftrag des Reimser Erzbischofs Ebbo, eines Ziehbruders von Kaiser Ludwig dem Frommen, zwischen 820 und 840 in der Benediktinerabtei Hautvillers bei Reims geschrieben und gemalt. Dieses prachtvolle Werk der karolingischen Buchmalerei ist das früheste überlieferte Beispiel für einen illustrierten Psalter in der abendländischen Buchgeschichte.
Die 150 Psalmen sind jeweils über die ganze Breite der Seite mit großartigen Federzeichnungen illustriert, auf denen sich meist eine Fülle kleiner, hurtig mit wenigen Strichen hingeworfener Gestalten tummelt. Diese dramatisch bewegten Figuren, oft in eine flüchtig angedeutete Landschaft eingebettet, zeigen ein faszinierendes Erzittern und Vibrieren. In Einklang mit der Schönheit des Textes sind sie mit einer bis dahin völlig unbekannten Perfektion ausgeführt. Die schöpferische Kraft des Zeichners hat die bedeutendsten Kunsthistoriker schon mehrfach dazu veranlasst, den Meister dieser Bilder gleichwertig neben die größten Künstler des Abendlandes wie Leonardo da Vinci, Rembrandt oder Vincent van Gogh zu stellen.